"Meister der Ätztechnik"

Grafik
16.02.2007 bis 18.03.2007  | Städtische Galerie Kulturhof Flachsgasse
 
Unter Ätztechniken werden innerhalb der Druckgrafik Verfahren verstanden, die für den Druck verwendete Metallplatten mit Hilfe einer säurebeständigen Mischung (meist Asphalt, Kolophonium und Wachs) beim Wegätzen der Oberflächenschicht partiell für die Säure unangreifbar machen. Man kennt bei Radierverfahren den festen und flüssigen Ätzgrund. Für Aquatinta empfiehlt sich Asphaltlack, für Vernis mou eine aus Wachs, Talg und Lack bestehende besonders weiche Mischung. Die Tiefätzung erfolgt stufenweise mit Eisenchloridlösung, eine Nachbearbeitung ist dann noch mit der Kaltnadel möglich.

Generell gilt: Je nach Zeitdauer der Säureeinwirkung erscheinen Linien stärker oder schwächer ausgeprägt. In der Ausstellungsreihe "Meister grafischer Techniken" wurden diesmal pfälzische KünstlerInnen aus den Reihen der apk eingeladen.


Besprechung von Beate Steigner-Kukatzki, Die Rheinpfalz vom 16.02.07

Kunst wie direkt aus dem Chemielabor

Schnell spontan aufs Blatt geworfene Zeichnungen entstehen nicht in den Techniken der geätzten Radierung und der Aquatinta-Radierung. Sechs KünstlerInnen aus den Reihen der arbeitsgemeinschaft pfälzer künstler, die sich viel Zeit für ihre Kunst nehmen, zeigen ab heute Abend in der Städtischen Galerie Speyer ihre neuesten Arbeiten.

Hans Bollen aus Ramstein, Hermann Dietrich aus Kaiserslautern und Charlotte Litzenburger aus Pirmasens sind in der Region weniger bekannt. Die künstlerische Entwicklung von Jürgen Braun aus Neuhofen, Horst Steier aus Schifferstadt und Regina Reim aus Speyer war dagegen schon in zahlreichen Ausstellungen in Speyer und Umgebung mitzuverfolgen. Diesmal zeigen sie nur grafische Arbeiten.

Fragt man nach der Technik, wird man eher an ein chemisches Labor erinnert als an ein Künstleratelier. Sehr anschaulich sind hierzu auch die Materialien präsentiert. Die Metallplatte und eine Ritznadel reichen nicht aus. Die Künstler laborieren mit Harz, Kolophonium, Asphaltlack, Wachs, Salpetersäure und Eisenchlorid. Man wird an alte Zeiten erinnert. Seit Jahrhunderten arbeiteten Künstler in der Regel parallel immer auch an Tiefdrucktechniken. "Man arbeitet in der Vergangenheit", beschreibt Jürgen Braun seinen Arbeitsvorgang, "man ist nicht im Trend". Für Braun, der auch malt, ist die Radierung immer eine grafische Möglichkeit, die er mit dem Bleistift alleine nicht hat. Linien zieht er durch, bildet Zick-Zack-Muster und Netze, er strichelt und bündelt sie zu abstrakten Gegenständen. Zudem bieten zufällige Oberflächen- und Kratzspuren eine Chance, künstlerisch zu reagieren.

Große Arbeiten von Regina Reim leben mit einem starken Farbkontrast. Dynamisch korrespondieren Form und Farbe. Zangenähnlich krallt sich Schwarz in Rot oder nimmt schwungvolle Bewegung auf, um sie explosionsartig fortzuführen. Die Aquatinta-Technik ergänzt sie mit der Reservage, die mittels einer Zuckerlösung rauere Konturen ermöglicht.

Ruhiger dagegen sind farbige Arbeiten von Horst Steier. Seine Reisen nach Asien hinterlassen meditative konzentrierte Spuren. Informelle Zeichen und Schrift ergänzen seine Farbflächen, denen er mittels Prägedruck haptischen Charakter verleiht. Mittels Aquatinta entstehen nicht nur malerische Werke. Den Eindruck einer lavierten Tuschezeichnung nutzt Hermann Dietrich für seine kalligrafisch und doch informell geprägten Arbeiten. Mit extrem breiten Linien schafft er die Illusion eines chinesischen Pinsels, der flüchtig und schnell arbeitet.

Zeitlos erscheinen die Arbeiten von Hans Bollen. Spannend schwanken seine Aussagen zwischen Abstraktion und konkreter Deutung. Direktere Anspielungen finden sich in den zartfarbig gestalteten Literaturillustrationen Charlotte Litzenburgers: so beispielsweise im Schachbrettmuster in den Arbeiten zu Stefan Zweigs Schachnovelle oder im kristallinen Liniengeflecht "vom Eise befreit" zur Faust-Reihe.