Martin Eckrich - ein Feuilleton
Der 1963 als jüngstes von sechs Kindern in Kaiserslautern geborene Martin Eckrich hat nach einer Lehre im Malerhandwerk an der Akademie der Bildenden Künste in München Christliche Kunst und Sakralraumgestaltung studiert und sein Studium als Meisterschüler von Franz B. Weißhaar 1989 abgeschlossen. Bereits seit der Mitte der 1980er Jahre tritt Eckrich mit Installationen und Performances an die Öffentlichkeit und stellt mit Bernhard Johannes Blume, Martin Liebscher, Sigmar Polke, Michael Buthe, Magdalena Jetelova und anderen aus. Martin Eckrich lebt und arbeitet in Schifferstadt (Pfalz).
Für Martin Eckrich ist Kunst eine psychisch durchlittene Landschaft, ein mimetisches Protokoll auch von Isoliertheit und Fatalismus. In seinen Arbeiten spiegelt sich die narbenreiche Topographie der erlebten und erlittenen Zweifel wie das unerbittliche Infragestellen der eigenen Person. Mit jedem Werk begibt er sich auf unbekanntes Terrain, in das aufreibende Abenteuer des eventuellen Scheiterns. Hinter seinen oft absurd wirkenden Objekten, Installationen und Performances verbirgt sich eine ernsthafte und geradezu quälerische Selbstreflexion, eine beständige Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, der stellvertretend für die Spezies Mensch steht. Leiden ist für ihn kein Passivum, sondern im Gegenteil ein Generator. Was ihn umtreibt, ist die Vanitas, die immerwährende Erinnerung an den Tod als die stärkste Motivation zum Leben.
Surrealistischen Vorstellungen entsprechend existiert für Martin Eckrich kein Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit. Seine Arbeiten bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Innen- und Außenwelt. Sie thematisieren in symbolischen Handlungen, die an archaische Rituale anknüpfen, psychische Grenzgänge, die als eine endlose Passionsgeschichte der Menschheit gelesen werden können.
Eckrichs Arbeiten sind frei von Ideologie und politischer Programmatik. Im Aufgreifen dadaistischer Techniken - sein Schaffensprozess ist voller Unvernunft! - bedient er sich schlichtester Utensilien. Mit seinen Objektbildern durchbricht er die konventionelle Rezeption von Kunst. Die Umkehrung der Vorstellung vom Gebrauchswert eines Gegenstandes ist eine gegen unsere Konsumwelt gerichtete subversive Haltung, die nicht zuletzt auch eine Verteidigung des scheinbar Wertlosen in unserer Welt der uneingeschränkten Warenfülle darstellt. Die als Einzelobjekte präsentierten, zumeist aber in verschlüsselte Installationen eingefügten Relikte sind Bruchstücke aus Eckrichs weitverzweigtem aktionistischem Gebäude.
Das traditionelle Bild ist für sein Anliegen ein untaugliches Medium. Seine ganzheitliche Sicht der Welt, in der die Grenzen zwischen den Kunstgattungen, zwischen Subjekt und Objekt, Mensch und Natur fließend sind, ist für ihn nur in Raumgestaltungen ausdrückbar, in "plastischen Bildern" (Beuys).
Das zentrale Thema von Eckrich ist der Kreislauf des Lebens samt Tod und Wiedergeburt, was schon die Titel seiner Installationen deutlich machen. Sein Werk zeigt, dass das Leben nicht bloß ein darwinistischer Kampfplatz ist, ein Ort der Gewalt und Faszination, sondern auch ein Ort des Übergangs, der Verwandlung. Eckrichs Kunst strebt nach Sinngebung und Verwandlung; er glaubt mit Hilfe der Kunst die Evolution des Menschen zum neuen Menschen voranbringen zu können. Seine mit verbrauchtem Material des Alltags inszenierten Kulträume sind chaotische Orte verborgener Mysterien, aber auch voller Epiphanie.
Prof. Dr. Herbert Dellwing, September 2010