Dir, lieber Klaus, in Eile ins Stammbuch genagelt...
Bilder aus dem Winteratelier... Ergebnisse von Januar/Februar 1999... Großformate
als Gegenpol zu den gemalten Tagesnachrichten, den Buchillustrationen der letzten tausend Tage... unzeitgemäße Kunst?
"Gestaltung, das ist kein artistischer Begriff, sondern heißt: was für ein Rätsel, ... dass der Mensch Kunst macht, dass er der Kunst bedürftig ist...", meint Benn.
Extrem längliche Schwarz-Weiß-Bilder - Reminiszenzen an japanische Schriftrollen, Serien gleichen Formats (100 x 70) auf glänzendem Chromoluxkarton (oft knapp dem horror vacui entronnen), Friese mit Figuren - scheinbar dem attisch-geometrischen Stil entliehen, dann, nahezu quadratisch, zwei riesenhafte Portraits, schließlich in epischer Breite und beeindruckender Höhe, zwei Gruppenbilder und als Krönung - Sacre du Printemps - der Reigen der Körper... soviel zum Thema Gestaltungsprinzip.
Die Grundfarben: Gelb, Rot, Blau; zugelassener Kontrast: höchstens Schwarz, Weiß. Hintergrund - nur soweit als notwendig (aber wir wissen ja, dass dies seit Manet sowieso keine Frage mehr ist).
Grün, Orange, Violett - die Komplementärkontraste - ergeben sich fast nur zufällig, eben da, wo sich die Grundtöne unter der Spontaneität des Duktus vermischen. Manchmal erscheint es als wolltest Du das Postulat der Monochromie erzwingen... soviel zum Thema farbliche Gestaltung.
Bilder vom Menschen, Körper - in Umrissen - manchmal fast reduziert auf Anatomie; deutlich, oft auch nur farblich differenziert als Mann oder Frau - statisch bewegungslos, dann meist im Profil nach rechts oder aber in dynamischer Bewegung, dann lieber frontal oder gedreht. Ganz wichtig der Umriß, Konturen oft mit den Fingern in die Farbe graviert ... soviel zum Thema Gestaltung.
Und das Bild? Wie soll ich's nennen? Apoll, Dionysos? Theseus, Herakles? Die Männer weisen archaischen Typus auf. Mayagötter? Zyklopen? Die riesigen Portraits erwecken solche Assoziation.
Sacre du Printemps - schwingt da nicht "Der Reigen" von Matisse, "Der Tanz des Lebens" von Munch motivisch mit? Aber das sind ja auch Urtypen, Grundideen... soviel zur gestalterischen Genese.
Wer gelernt hat zu sehen, der steht davor und freut sich über die Dynamik, über die ungebändigte Kraft, über die Virtuosität. Jeder Pinselstrich sitzt an der richtigen Stelle und fragt nicht nach einer Berechtigung. Er trägt: gemalter Vitalismus, tiefste Bejahung des Lebens. Die kunsthistorische Terminologie mit ihrem Schubladendenken versagt mit ihren bekannt schwächlichen Formeln von neuer Wildheit, zweiter bis dritter Moderne, expressiver Dynamik. Wozu auch einordnen? Die Themen der Kunst waren der Kunst stets immanent.
"Die Kunst ist das große Stimulans zum Leben...", meint Nietzsche.
Die Besinnung auf das Wesentliche genügt ... zeitgemäße Kunst?
Walter Stephan Laux